Dienstag, 26. März 2019

Artikel 13 - Was soll die ganze Aufregung?!?

Juhu! Die Urheberrechtsreform ist da! Ein Grund zur Freude, oder? Für einige schon, aber auch für alle? Ich mein: Eigentlich sollte doch alles in Ordnung sein, oder? Ich meine - sich für das Urheberrecht stark zu machen ist doch erst einmal nichts Schlechtes. Den kleinen Kunstschaffenden David Rüstzeugs für Verhandlungen geben und ihn auf eine Stufe mit Internetgiganten wie Google stellen hört sich doch erst einmal gut an. Warum gingen also über 200.000 Menschen alleine in Deutschland auf die Straße und warum haben 5,1 Millionen eine Petition gegen Artikel 13 der geplanten (und schon fast durchgesetzten) Urheberrechtsreform unterschrieben? Ist doch nicht alles Tutti? Werden die Künstler doch nicht so unterstützt? Gibt es Fehler der Urheberrechtsreform oder ist das Ganze nur ein großes Missverständnis? Schauen wir doch mal genauer hin.

Die Urheberrechtsreform unterstützt Künstler und Kunstschaffende! Oder nicht?

Also ich als Autor (und damit als Künstler) schaue mal in meinem "Kunstgenre" genauer hin. Als ich vor ein paar Jahren angefangen habe, bekam der normale Künstler (bei einem guten Vertrag) 10% Umsatzbeteiligung an den von ihm verkauften Werken (große und bekannte Autoren wie Stephen King kriegen und bekamen wesentlich mehr, sie haben einfach eine bessere Verhandlungsposition.) Heute sind wir (wenn wir Glück haben) bei ca. 6% angekommen. Also ein bissel wenig, was? Vielleicht schafft die Urheberrechtsreform da ja Abhilfe, Moment einmal, ich schaue nach! Nope! Tut sie nicht! Dieser Bereich wird von der Urheberrechtsreform gar nicht angesprochen. Aber vielleicht kriegt man an anderer Stelle ja mehr, mal schauen. Hm, Artikel 11, Linksteuer, ja da kriegen die Verlage mehr Geld, wenn man gewisse Links setzt. Und Artikel 12 ... Moment einmal da werden ja die Rechte der Urheber wieder geschwächt. Was ist da los? Also mal langsam, das Thema ist nämlich ein wenig komplizierter:

Jeder Mensch darf sich z.B. zum privaten Gebrauch kleine Ausschnitte oder sogar ganze Bücher kopieren. Ja, wirklich das ist erlaubt. Damit die Künstler bei diesem Vorgang nicht leer ausgehen, hat sich der Gesetzgeber damals einen wirklich coolen Kniff ausgedacht: Alles womit man oder worauf man Bücher kopieren kann muß eine kleine Abgabe bezahlen. Fotokopierer, die Hersteller von Drucker und von USB-Sticks so wie Rohlingen. Dieses Geld soll nun bei den Künstlern landen. (Wie viel jeder Künstler kriegt wird in einem komplizierten Verfahren von VG Wort ermittelt (die, wenn man sich dort anmeldet, den Künstler auszahlen.)) Soweit so gut, aber da gibt es ja noch die Verlage, die meinten: Moment einmal! Was ist eigentlich mit uns? Wir haben das Buch ja erst druckreif gemacht! Wir können dabei ja wohl nicht leer ausgehen! Bei Geld hört schließlich die Freundschaft auf! Tja, also hat bis vor einigen Jahren Künstler und Verlag jeweils 50% der Vergütung ausgezahlt. Dann gab es aber ein paar Gerichtsurteile aus Europa die sagten: Nene, so nicht! Der Künstler hat schon die meiste Arbeit an seinem Werk gehabt, also soll auch der Löwenanteil beim Künstler landen. Deutschland ist diesem Urteil gefolgt. Aber Artikel 12 sagt: Nö, das bleibt jetzt nicht so und kann von Land zu Land neu ausgehandelt werden. Tja! Ist wohl nix draus geworden, daß der Künstler gestärkt daraus hervorging. Zumindest in dem Punkt und sonst? Vielleicht haben sie ja wenigstens sowas wie Buyout Verträge, also Verträge bei denen der Künstler all seine Rechte an einem Werk an eine Firma abtritt besser geregelt. Mal schauen ... Nope! Kein Wort über solche Verträge! Merkwürdig, aber ich soll doch als Künstler besser bezahlt werden. Das ist doch DAS Argument der Befürworter: Die armen, armen Künstler müssen doch besser bezahlt werden. Bis jetzt kann man ja sagen: Pustekuchen! Da findet sich nüscht! Aber es geht ja ums Internet, da bin ich als Künstler nun besser gestellt, oder?

Artikel 13 - Besserstellung der Künstler?

Um meine Antwort darauf kurzzufassen: JEIN! Ja, es steht drinnen das jede Uploadplattform mit mir als Urheber in Verhandlung treten muß. Wirklich ja, sie müssen mit mir als Urheber in Verhandlung treten, oder mit dir oder dir, schließlich seit ihr ja alle Urheber, oder habt ihr nie Fotos oder Urlaubsvideos gemacht? Seht ihr? YouTube und Facebook müssen also demnächst mit jedem Menschen der Erde in Verhandlung treten und Lizenzen oder Vergütung von Lizenzen kaufen, damit sie als Uploadplattformen bestand haben können. Der, der nicht will, daß seine Werke irgendwo upgeloaded werden, für den soll vor der Veröffentlichung mit allen Anstrengungen der Uploadplattform sicher gestellt werden, das sein Werk nicht veröffentlicht wird.

Ich weiß, ich weiß, der noch nicht so gut mit der Urheberechtsnovelle vertraut ist ist sicher weiter oben schon hängen geblieben und meint: Moment mal: Mit so ziemlich jedem (geschäftsfähigen) Menschen auf der Welt? Wie soll das gehen? Ich will es euch sagen: Gar nicht! (Oder könnt ihr euch eine andere Antwort vorstellen?)

O.K.! Jetzt hängt der Unkundige beim nächsten Satz und fragt sich: Alle Anstrengungen um zu verhindern, daß urheberechtlich geschütztes Material nicht veröffentlicht wird, wie soll das gehen?
Für Youtube, bei dem jede Minute 400 Stunden Videomaterial hochgeladen wird, und für andere große Plattformen kann dies nur eins bedeuten: Uploadfilter! Und was versehentlich oder fälschlicher Weise im Filter gelandet ist, soll von Menschen überprüft werden.

Uploadfilter, was ist das, geht das überhaupt und warum steht davon nichts im Gesetzestext?

Also ein Uploadfilter ist ein Programm, ein Stück Software, daß den hochgeladenen Content mit urheberrechtlichen Material abgleicht um so sicherzustellen, daß kein Content dieser Art auf der Plattform landet.
Und geht das auch?
Die Befürworter meinen: Klar, Google hat jetzt doch schon einen (halbwegs gut funktionierenden) Uploadfilter namens Content ID Filter, alles kein Problem!
 Ist dem so? Ich sage: Nein!
Ja, zugegeben Google hat, der auch ganz passabel funktioniert. Wenn auch nicht fehlerlos, so bleiben ständig klassische Stücke (die ja an sich urheberrechtsfrei sind, da der Künstler ja schon lange Tod ist) ständig im Filter kleben, da Sony für spezielle Interpretationen (die wiederum urheberrechtlich geschützt sind) die Rechte beansprucht. Zudem soll ja auch die Meinungsfreiheit geschützt bleiben und Zitate und Satire nicht von der Reform betroffen sein. Und das, so meinen die Befürworter, kann doch eine Firma wie Google leisten, schließlich sind sie gerade dabei, selbstfahrende Autos zu kreieren und wer das kann, der kann doch alles.
Sorry, nö, kann er nicht! Habt ihr schon mal euren Computer über einen Witz lachen hören?
Nee? Ich auch nicht! Nein: Ernsthaft wie soll ein Computer so etwas erkennen können? Weil es abgeändert wurde? Aber man ändert auch Material ab um solche Filter zu umgehen. Also wie soll das gehen?
Und warum stand davon kein Wort in der Novelle?
Weil der europäische Gerichtshof in einem entscheidenden Urteil "general Filters" (und ein Uploadfilter ist ein "general filter") als unzulässig erklärt hat. Und weil sich die CDU im Koalitionsvertrag mit der SPD sich gegen Uploadfilter ausgesprochen haben. Wenn man sie nun darauf angesprochen hat, daß sie solche Filter doch nicht wollten, meinten sie: Davon steht auch nichts in der Novelle!
Hat man sie nun aber gefragt, wie denn der Gesetzestext für große Plattformen durchzuführen sei kam als Antwort:
Mit Uploadfiltern! Clever oder?

O.K., nehmen wir an, Google kriegt einen halbwegs passablen Filter hin und es landen nun von den 400 Stunden pro Minute nur so 10% im Uploadfilter von denen dann 10% fälschlicherweise im Uploadfilter gelandet sind. Wieviele Leute müßte Google einstellen um das zu händeln? Würde sich deren Plattform dann noch rentieren? Ich weiß es nicht?

Und wie sieht es mit den kleinen Plattformen aus? Wie sollen die sich einen Uploadfilter leisten, oder sollen die nun alles per Hand überprüfen? Wie soll das nun wieder gehen? Gut, es steht immer in der Novelle etwas von Verhältnismäßigkeit. Aber was ist verhältnismäßig? Viele kleine, Nonprofit und Creative Commons Anbieter haben jetzt schon Angst, daß sie schließen müssen oder damit gedroht, daß sie prophylaktisch erstmal schließen müssen, weil zu dem neuen Gesetzen, die es dann gäbe erst einmal Gerichtsurteile gesprochen werden müssen, bevor sie so etwas wie Rechtssicherheit hätten. Tja, und das müßten sie dann wohl auch wirklich tuen.

Aber laut den Befürwortern der Urheberrechtsnovelle ändert sich nichts, außer, daß mehr Rechtssicherheit entsteht! Aha!
Und was hat man als kleiner Künstler von dieser Novelle, die, wenn sie so schlecht umgesetzt wird, wie sie geschrieben ist tiefe Krater der "Rechtssicherheit" in unsere schöne Internetlandschaft reißt?
Vielleicht ein paar Euro mehr im Jahr, mag sogar sein. Aber wer sich diese Novelle genauer anschaut, der merkt auch, für wem sie eigentlich geschrieben wurde: Für große Medienkonzerne! Die kleinen Künstler wurden immer nur als Galionsfiguren vor dem Karren gespannt, mehr nicht!

Wer sind denn jetzt eigentlich diese Befürworter?
Also politisch, war das vor allen die CDU. Und sonst? Welche Interessengruppen gab es da noch? Nun feststellen kann man, daß die Gema und der Axel Springer Verlag ein großes Interesse an dieser Reform hat und dies auch immer wieder öffentlich bekundet hat. Und die Befürworter müssen einigen Druck auf die Politiker ausgeübt haben, so hat Axel Voss (CDU und einer der führenden politischen Befürworter der Urheberrechtsreform) in einer live übertragenen Pressekonferenz zugegeben daß große Verlage mit schlechter Presse gedroht hätten, würde diese Reform nicht durchgesetzt. Aber das ist ja nichts Schlimmes und sei in einer Demokratie ja ganz normal.
Nicht normal hingegen waren die Gegner, denn das waren ja - wahlweise - im Internet Googlebots und auf der Straße demokratiegefährdende von Google bezahlte Demonstranten, wie Caspary (CDU) in der Bild verlauten ließ (was auch fleißig von der CDU retweetet wurde.) (Später haben beide ihre Aussagen übrigens widerrufen und Trump like für Fakenews erklärt. (Das ist Realsatire, wie man sie sich nicht ausdenken kann.))

Übrigens: Am Anfang gab es viele, teils sogar recht gute Entwürfe einer Urheberrechtsreform, die aber alle abgebügelt wurden. Und jetzt? Jetzt haben wir den Salat! Eine Urheberrechtsreform, vor der so ziemlich jeder Urheberrechtsexperte dieser Welt (auch der EU) gewarnt hat, bei der der UN-Datenschutzbeauftragte meinte, sie könne der Meinungsfreiheit erheblich schaden, bei der sich jeder Informatiker an den Kopf faßt. Eine Urheberrechtsreform die vor allen den alten Medien Konkurrenz vom Leib hält und die gegen die breite Menge durchgesetzt wurde. Das ist Demokratie 2019. Gut das bald Wahlen sind und glaubt mir, ich weiß wen ich nicht wähle und welche Zeitungen/Zeitschriften ich mir in Zukunft kaufen werde. Ihr auch?


Yeah! Denn dann gehen wir alle zur Wahl und stimmen für mehr Demokratie und eine Partei, die auch die Zukunft unseres Planeten im Auge hat, oder?

Schließlich wollen wir alle:
Liebe Statt Hass!
Toleranz statt Gewalt!
Freiheit statt Zensur!
Zukunft statt Dummheit!

3 Kommentare:

  1. vielen dank für deinen beitrag, lieber bernd .... am liebsten würde ich den in meinem blog post zur demo vom samstag verlinken, aaaaber: ist das schon ein urheberrechtlich geschützte intelektuelle property, s.d. ich mit dir als Urheber in Verhandlung treten müßte? verdammt, ich will es ja doch nur verlinken und nicht als meine sachanalyse / recherche verkaufen ... omg ...

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  2. Also, mir kommt es derzeit vor allen darauf an, daß ich aufkläre. Deshalb darfst du den Post auch gern verlinken. ^^
    Verlinken ist sowieso immer erlaubt. Frag einfach nach, falls du was von meiner Website "stibitzen" willst. Meistens sag ich ja und wenn nicht, dann hat das einen Grund. ;)

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